Vermutlich wird nicht jeder Mitbürger, der sich ein Elektrofahrzeug wünscht, über einen Stellplatz auf dem eigenen Grundstück oder sogar über eine Garage mit Stromanschluss verfügen. Dort wäre es ja relativ unkompliziert, einen Anschluss einzurichten, an dem das Fahrzeug über Nacht aufgeladen werden kann.
Egon braucht einen Plan
In den Großstädten sind es eher private Parkflächen in Wohnanlagen, die grundsätzlich eine gute Voraussetzung dafür bieten, eine eigene Lademöglichkeit zu installieren. Nun ist, egal ob gemietet oder im Eigentum, der Parkplatz ggf. Teil des Gemeinschaftseigentums einer WEG. Natürlich kann er auch einem einzigen Eigentümer gehören und von allen Nutzern gemietet sein.
In jedem Fall müssen zwei Bedingungen erfüllt sein: Erstens müssen die technischen Voraussetzungen für die Installation von entsprechend vielen Ladestellen existieren und zweitens die oder der Eigentümer sein OK zur Installation geben. Beides ist nicht unbedingt einfach zu erreichen. Je besser es jedoch geplant und kommuniziert wird, desto eher wird es gelingen. Wie die meisten Dinge. Gerade wir in Berlin haben da viel Erfahrung.
Erst wenn man sein Ziel kennt, ist auch der Weg dorthin vernünftig zu planen. Es wäre also gut, man überlegt sich vorher, wieviele Flugzeuge… äh, Verzeihung, …Elektroautos vermutlich dort laden können sollen. Da man meines Erachtens von einer Zunahme der Elektromobilität in den Großstädten rechnen kann, sollte man gleich zu Beginn einen gewissen Prozentsatz der Parkplätze in das Projekt mit einbeziehen.
Viele Großstädter haben ja nur relativ kurze tägliche Wege und Verreisen mit dem Flugzeug – falls sie bereits einen Flughafen haben (Nun ist es aber mal gut!).
Schaut man sich seine Nachbarn mal genau an, bekommt man schnell eine Vorstellung. Wer könnte sich später auch für ein Elektroauto interessieren, wenn einer den Vorreiter macht? In meiner Gemeinschaftsgarage komme ich auf einen möglichen Anteil von etwa 10%.
Neue Anforderungen
Von der Zahl der zu versorgenden Stellplätze und der gewünschten Ladeleistung hängt es nämlich ab, ob die Kapazität des Hausanschlusses ausreichend ist. Dieser ist ja beim Bau der Anlage oder des Hauses einmal für den zu erwartenden Bedarf berechnet und ausgelegt worden. Und der Gesamtbedarf wird nur bei sehr neuen Objekten und sehr vorausschauenden Bauherren eventuell schon die Elektromobile mit einbeziehen.
Da alle Autos gleichzeitig laden könnten, darf die neben der bisherigen Nutzung noch zur Verfügung stehende Anschlusskapazität natürlich nicht überschritten werden. Ist diese freie Kapazität knapp bemessen oder wurde die Zahl der Fahrzeuge zu gering eingeschätzt, muss ein sogenanntes Lademenagement zum Einsatz kommen. Dieses würde die zur Verfügung stehende Leistung gleichmäßig auf die verschiedenen Anschlüsse verteilen. Wenn möglich, kann auch seitens des Netzbetreibers eine Erhöhung der Anschlussleistung für das Haus geprüft und ggf. vorgenommen werden.
Es liegt auf der Hand, dass die Planung nicht ohne einen guten und erfahrenen Elektroinstallateur funktioniert. Er muss die technischen Sachverhalte beurteilen und bewährte Lösungen vorschlagen können. Es mag bei komplexeren Problemstellungen aber auch sinnvoll sein, wenn ein Ingenieurbüro zunächst eine Planung macht und ein Leistungsverzeichnis erstellt.
Dann können auf dieser Basis mehrere Betriebe vergleichbare Angebote für die Ausführung abgeben und diese neutral beurteilt und bei der Durchführung betreut werden.
Ich hatte das Glück, gleich an einen sehr erfahrenen und kompetenten regionalen Fachbetrieb zu geraten. Dessen Chef ist sehr engagiert in Sachen Elektromobilität – spätestens, seit er selbst eine hübsche rot-weiße ZOE fährt…
Vorteile für alle
Sind ein Lösungskonzept und belastbare Zahlen vorhanden, dann müssen natürlich noch Genehmigungen eingeholt und die Kosten verteilt werden. Zunächst sieht es ja so aus, als würden nur die Besitzer der Elektroautos einen Vorteil haben. Schaut man genauer hin, wird auch der Gewinn für die übrigen Bewohner und die Eigentümer sichtbar.
1. Es wird leiser. Egal zu welcher Tages- und Nachtzeit ein Elektroauto ankommt oder wegfährt: Es wird wesentlich weniger Geräusche machen, als ein Verbrenner. Wenn man seine Nachbarn mag und keine Gefahr besteht, kann man bei der ZOE sogar das Warngeräusch für Fußgänger abschalten und geräuschlos auf seinen Stellplatz rollen. Geht bei anderen E-Mobilen bestimmt auch.
2. Es wird gesünder. Je nach Baujahr und Art des Verbrennungsmotors kann so ein Kaltstart ganz schön Treibstoff kosten. Ein größerer Anteil davon bleibt nämlich unverbrannt. Auch Katalysatoren und Russfilter können erst bei Betriebstemperatur richtig arbeiten. Um den Nachtparkplatz von Verbrennern herum ist morgens, wenn alle losfahren, die Luft also besonders geschmackvoll.
3. Es wird sauberer. Ein kritischer Blick auf den Anstrich einer Gemeinschaftgarage nach einigen Jahren zeigt, wieviel Ruß aus dem Auspuff dort landet. Zwar ist der Diesel grundsätzlich ein Energiesparmodell, aber beim Starten da staubt es. Parkt man aus Platzgründen mit dem Rücken zur Wand, sieht es besonders nett aus.
4. Es wird moderner. Die Attraktivität eines Wohnobjektes wird keinesfalls geringer, wenn für den Bewohner grundsätzlich die Möglichkeit besteht, die Art seiner Mobilität frei zu wählen. Das steigert den Wohnwert und damit auch den Wert des Objektes. Nicht nur ausreichend viele Fahrradständer, eine sparsame Heizungsanlage und eine gepflegte Grünanlage sind positive Attribute für eine Wohnanlage, sondern auch die problemlose Installation einer Lademöglichkeit für Elektrofahrzeuge.
Strombezug und Abrechnung
In jedem Prospekt für Elektroautos wird ja darauf hingewiesen: Auch ein elektrisches Fahrzeug verursacht CO², wenn es nicht mit Strom aus regenerativen Energiequellen geladen wird. Daher ist erst mit der Wahl eines geeigneten Versorgers auch der Umweltaspekt wirklich berücksichtigt. Das ist aber nicht bei jeder Installationsvariante für die Wallbox möglich.
Idealerweise kann vor die Verteilung für den Anschluss der Ladeboxen ein separater Zähler gesetzt werden. Diesen installiert der Netzbetreiber über den dafür zertifizierten Installateurbetrieb gegen eine Gebühr. Anschließend kann für diesen Zähler ein Liefervertrag zum Beispiel mit naturstrom AG abgeschlossen werden. Hier bekommt man für einen Aufkleber auf dem Fahrzeug sogar noch ein jährliches Guthaben. Da die Elektromobilität von naturstrom ausdrücklich gefördert wird, stimmen diese auch der Weiterverteilung von Strom an die anderen Nutzer zu, was nicht jeder Versorger erlaubt.
Denn für den Liefervertrag muss es ja einen Vertragspartner geben. Das kann die WEG sein oder ein einzelner Eigentümer, der zunächst die Rechnung übernimmt und den anderen Nutzern via Zwischenzähler weiterberechnet. Ein anderes Modell wurde von TheNewMotion GmbH entwickelt, die auch Beratung und Unterstützung bei der Lösungsuche anbieten. Die schlauen Ladestationen von TheNewMotion erkennen per RFID-Karte den Benutzer und Übermitteln die Daten an die Firma, die dann die Abrechnung der Verbrauchskosten übernimmt.
In einigen Fällen kann es baulicherseits natürlich auch möglich sein, eine Zuleitung direkt vom Zähler des Nutzers zu seinem Stellplatz zu legen und dort seine Wallbox zu versorgen. Dann fällt die separate Abrechnung natürlich weg, man spart eine Grundgebühr, ist automatisch bei seinem bevorzugten Versorger und es muss nur die Genehmigung des Eigentümers eingeholt werden.
Ist es dagegen nur möglich, sich an die Hausstromversorgung anzuschließen, kann der Versorger natürlich nicht frei gewählt werden. Unter Umständen ist das ja ein guter Anlass für den Eigentümer, mal die Preise zu vergleichen und das Image des Hauses in Bezug auf Umweltfreundlichkeit zusätzlich aufzumöbeln.
Ergänzung März 2014: Inzwischen habe ich auch vom Konzept von ubitricity gehört. Sie wollen nicht nur Lichtmasten, Laternen und Parkhäuser mit Systemsteckdosen ausstatten, sondern haben auch eine ganz neue Idee zur Abrechnung des Stroms: Das spezielle Anschlusskabel hat einen integrierten Zähler. Darüber wird der bezogene Strom nicht nur der Steckdose sondern auch dem Kunden zugeordnet.
Auf diese Weise könnte man auch hinter dem Hausstromzöhler Ökostrom beziehen, denn was dem Einen berechnet wird, bekommt der Andere automatisch vergütet. Besonders bei geringen Anschlussleistungen und wenigen Fahrzeugen pro Anlage könnte das eine praktikable Lösung sein.
Auch für einen Fahrer eines Elektroautos und Inhaber einer Elektrofirma, die sich mit der Ladeinfrastruktur eigentlich gut auskennt, habe ich ein paar neue Denkansetze aus diesem Blog mitnehmen können. Bisher habe ich nicht intensiv über die Herkunft der Energie nachgedacht. Selber habe ich mir schon Gedanken gemacht, wie die Nutzung einer Fotovoltaik-Anlage mit Akkuspeicher die Wirtschaftlichkeit erhöhen kann, aber aus ökologischer Sicht habe ich es nie betrachtet. Was ich aber nach Lesen des Beitrages durchaus für wichtig halte und ich mich diesbezüglich mit diesem Thema auch weiter beschäftige werde, um Kunden mit Elektrofahrzeugen noch besser beraten zu können. Ladeinfrastruktur ist in diesem Geschäft nicht alles. Inhaber oder potentielle Inhaber von Elektrofahrzeugen sind immer auf der Suche nach Erfahrungsaustausch. Ob es das Fahren der einzelnen Modelle ist, die Lademöglichkeiten im privaten und öffentlichen Bereich und zunehmend auch die Herkunft der Energie.
Dem Blog weiterhin viel Erfolg und viele Leser!
PaechElektro Andreas Stoye
Vielen Dank, Herr Stoye, für diesen ersten Kommentar!
Prima, wenn die Beiträge neue Perspektiven bieten können. Natürlich gibt es wie Sie einige, deren berufliche und persönliche Erfahrung mit dem Thema weit größer ist, als meine. Also gerne auch kritische Anmerkungen, vor allem wenn ich Fehler mache.
VG, Matthias Beck