Schön wär`s ja, aber es ist doch wohl eher nur so, dass der statistisch ermittelte Durchschnittsfahrer eines Elektroautos lediglich über eine gute Bildung verfügt. Wie die Berliner Morgenpost am 6. Juni 2015 in einem Artikel berichtet, ist dies eine von mehreren Erkentnissen, die sich aus einer Befragung durch das Institut für Verkehrsforschung am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt von rund 3000 privaten und gewerblichen Nutzern von Elektroautos ableiten lassen.
K(l)eine Überraschungen
Bekanntlich sind die Fahrzeuge ja – von einigen Aktionsangeboten einmal abgesehen – derzeit noch teurer als konventionelle Fahrzeuge gleicher Klasse und Ausstattung. Daher ist einerseits ein entsprechend hohes Einkommen und andererseits eine über den rein wirtschaftlichen Bedarf hinausgehende (Ab)Sicht für eine entsprechende Entscheidung notwendig. Beides lässt sich bei gebildeten Menschen vielleicht häufiger erwarten. Und kann man heutzutage Technikbegeisterung kaum mehr als typisch männliche Domäne bezeichnen, ist dennoch die überwiegende Zahl der Nutzer von Elektroautos Träger des Y-Chromosoms und im Durchschnitt um die 51 Jahre alt. Ein wenig klingt das nach Spielzeug für große Jungs mit ausreichend Taschengeld.
Entgegen einer verbreiteten Annahme taugen Elektroautos wohl aber doch nicht nur zum Betrieb in Großstädten, denn mehr als die Hälfte der Fahrzeuge ist gemäß der Befragung in Kleinstädten und Landgemeinden unter 20.000 Einwohnern zu Hause. (Oder wohnen die Schlauen nicht in der Stadt?) Vermutlich ist es dort einfacher, die Infrastruktur zum Laden auf dem eigenen Grundstück zu installieren, als in Wohnsiedlungen der Großstädte. Dies ist jedoch eine wichtige Bedingung für den problemlosen Betrieb der Fahrzeuge. Außerdem macht „auf dem Land“ ein eventuell geringeres Angebot an ÖPNV ohnehin den Besitz eines weiteren Fahrzeuges notwendig, den immerhin vier von fünf Befragten einräumen.
Wie erwartet, ist aber die durchschnittliche tägliche Nutzung der Elektroautos sehr ähnlich der von Fahrzeugen mit Verbrennungmotor. Privat werden mit dem einen wie dem anderen täglich nur etwas mehr als 40 Kilometer zurückgelegt. Das liegt bei allen Modellen natürlich bequem innerhalb der Reichweite. Rund 30% geringer ist dagegen die jährliche Fahrleistung von Elektroautos. Für den Urlaub mit der Familie und längere Strecken werden wohl auch Elektrofahrer (noch) auf den Zweitwagen mit Benzin oder Diesel zurückgreifen.
Geladen wird zu Hause…
…oder am Arbeitsplatz, zumindest wenn das Elektroauto im Alltag genutzt wird. Eine haushaltsübliche Stromquelle mit entsprechender Anschlusstechnik reicht dafür in der Regel ja aus. Unterwegs zu laden ist dagegen überwiegend für längere Strecken erforderlich und vorzugsweise flott erledigt. Daher wird öffentliche Schnellladetechnik von einer deutlichen Mehrheit als „absolut notwendig“ angesehen.
Vor allem in dieser Hinsicht sind die gesellschaftlichen Aufgaben zum Ausbau dieser Infrastruktur also noch zu leisten, damit der Anreiz für den Kauf eines Elektroautios größer wird. Die aktuell sehr spärlichen politischen Angebote wie Steuerbefreiung (so um die €50 im Jahr), kostenloses Parken (wo denn?) und Gratis-Aufladen (zu Ostern, oder wann?) sind offenbar jedenfalls kein nennenswertes Argument für die Entscheidung. Vielmehr sind es das Interesse für die innovative Technologie, die geringe Belastung der Umwelt, niedrige Kosten für die Antriebsenergie oder einfach der Spaß am elektrischen Fahren, der die Käufer von Elektroautos überzeugt.
Und das sind überwiegend Einzelpersonen, kann man aufgrund der Ergebnisse der Befragung vermuten, denn selbst die gewerbliche Nutzung findet mehrheitlich in kleinen Unternehmen und Betrieben statt, wo eine „Bauchentscheidung“ sich leichter durchsetzen lässt. Große Unternehmen mit Fahrzeugflotten sind demnach eher nicht die Treiber der Elektromobilität. Hier dürften die wirtschaftlichen Faktoren stärker wirken, als die Absicht, umweltfreundlich und innovativ zu sein.
Meine ganz persönliches Einschätzung und das Fazit nicht nur dieses Befragungsergebnisses:
Wer Elektromobilität möchte, der kann sie heute haben und nutzt sie ganz ähnlich der konventionellen Verbrennertechnik in seinem Alltag. Vom Typus her sind die Nutzer von Elektrofahrzeugen häufig Menschen, die kein Problem damit haben, als Individualisten angesehen zu werden. Ihnen ist die eigene Überzeugung meistens wichtiger, als der Mainstream oder die jeweils billigste Lösung. Dass sie schlauer als andere sind, kann man sicherlich nicht behaupten. Dennoch ist bestimmt nicht dumm, wer heute schon eine Ressourcen schonende Fortbewegung nutzt, die sauber, leise und schön ist, oder?