„Zo e or not zo e…“

ZOE & IONIC 5 (Montage aus Foto li.: Renault & Foto re.: Hyundai)

„…das ist hier die Frage.“ Die gute ZOE ist zwar meiner bescheidenen, aber immerhin sieben Jahre währenden Erfahrung nach noch immer eine hervorragend gute Lösung bezüglich Kosten, Leistung und praktischem Nutzen. Dazu stehe ich ausdrücklich auch weiterhin. Und außerdem ist sie problemlos erhältlich.

Aber ein Neuer ist in der Stadt. Oder so gut wie. Und der verfügt unter anderem über eine spezielle Eigenschaft, die ich mir schon einige Jahre von meinem E-Auto wünsche: Man kann einen Wohnwagen damit ziehen.

E-Autos haben (k)einen Haken…

„Gibt’s ja schon lange.“ höre ich da? Tja, aber im Bereich der E-Mobile bisher nur im Preissegment deutlich jenseits der €70.000. Und selbst dort nicht bei jedem Modell. Unter den „bezahlbaren“ E-Autos kann man Anhängerzugvorrichtungen grundsätzlich mit der Lupe suchen. Und wenn es sie gibt, dann taugen sie oft nur zum Abschleppen der Einkäufe aus dem Möbelhaus mit dem dort zur Verfügung gestellten ungebremsten Kleinanhänger oder zur Anbringung eines Fahrradträgers. Das reicht zwar vielen aus und ist schon mal was. Aber für Camper mit Wohnwagen ist das nicht genug.

Nun ist der Anhängerbetrieb sicherlich auch keine Domäne von Kleinwagen und wegen der selbst ohne zusätzliche Last noch immer knappen Reichweite eher nicht die von E-Autos. Denn neben dem notwendigen Haken braucht das Auto halt vor allem auch einen großen Energiespeicher. Die Zuglast eines schweren Anhängers erhöht den Energiebedarf ohne weiteres um 30-40% oder sogar mehr. Und so kann eine typische Solo-Reichweite von zum Beispiel 250km im Gespannbetrieb ganz flott auf unter 150km schrumpfen. Notwendigerweise größere Akkus und besonders schnelle Ladetechnik findet man natürlich eher in den großen und teuren SUVs, Sportwagen oder Transportern.

So vielseitig die ZOE auch ist, irgendwo hat jeder Kompromiss seine Grenze. Und die ist bezüglich der Anhängelast und der Nutzung als Zuggefährt bei ihr eben vorhanden. Damit konnte ich die letzten sieben Jahre aber gut leben, fahren – und sogar zum Campen mit dem Zelt und dem E-Bike unterwegs sein.
Die ZOE hat immer gepasst, Beruf sowie Freizeit gut unterstützt und war sehr preiswert im Betrieb, weil die nutzbaren Lademöglichkeiten einfach sehr breit verfügbar sind. Für besondere Aufgaben wie E-Rollstuhl-Transport oder Anhängerbetrieb war halt ein Kastenwagen mit Dieselantrieb besser geeignet – und dann oft die einzige Lösung.

…aber oft ein Horn

Dennoch, wenn das Leasingende ansteht, dann guckt man sich natürlich mal das komplette Angebot aktueller E-Autos an. Und schaut, ob sich nicht mit vertretbaren Aufwand einige noch offene Wünsche erfüllen lassen.

So sind mal wieder viele neue Elektroautos „für 2021“ angekündigt und darunter befinden sich durchaus interessante Modelle. Doch hat die Erfahrung der letzten Jahre leider gezeigt: Die Versprechungen sind in der Realität nicht viel wert. Oft kommen die Fahrzeuge erst sehr viel später zu den Kunden oder werden zunächst nur in einfachen Versionen angeboten, zudem die Nachfrage für beinahe alle E-Autos ganz erheblich über dem Angebot liegt.

Das Resultat sind sogenannte Einhörner: Tolle Autos mit erstaunlichen Eigenschaften – aber niemand hat wirklich jemals eines zu Gesicht bekommen. Wenn der Autohändler bei der Frage nach dem neuen, gerade vorgestellten E-Auto antwortet, er wisse auch nicht mehr als der Kunde, man könne aber schon einmal ein ähnliches Verbrennermodell zeigen, dann kann man eigentlich gleich wieder umdrehen: Es wird wohl ein Einhorn sein. Vielleicht sogar erst mal nur ein Pferd. Und zumeist sowieso ohne Anhängelast.

In diesem Jahr war das bisher nicht anders: Skoda, VW, Ford, BMW, Nissan, Renault und einige andere stellen mehr oder weniger konkret kleinere SUVs vor, die grundsätzlich als Zugmaschine in Frage kommen könnten. Aber leider sind die meisten angekündigten Modelle wieder erst im folgenden Jahr zu haben oder dürfen nichts ziehen, was über 750kg wiegt.

Überraschung aus Fernost

Und dann präsentiert der südkoreanische Autohersteller Hyundai am 23. Februar 2021 pünktlich um 8 Uhr morgens via Website ein neues Fahrzeug: den IONIQ 5.

Erhältlich ab Sommer 2021 auf Wunsch mit Allradantrieb, Anhängerkupplung und Solardach.
(Foto: Hyundai)

Was daran so besonders ist? Nun, erstens bricht nicht – wie schon so oft erlebt – die Website des Herstellers zusammen, „weil man das Interesse der Kunden unterschätzt hat“. Zweitens wird ein Fahrzeug präsentiert, das die Wünsche der allermeisten Kunden für ein Elektroauto befriedigen dürfte. Vollständig. Und drittens wird neben einer kurzfristig erhältlichen, limitierten Sonderserie der Start für reguläre Bestellungen innerhalb der kommenden vier bis fünf Wochen angekündigt.

Was folgt ist eine Welle der Begeisterung innerhalb der E-Auto-Community, die man eigentlich nur nach Teslas Präsentationen neuer Modelle kennt. Nur mit dem Unterschied, dass Hyundai offenbar ernsthaft beabsichtigt, den gerade vorgestellten IONIQ 5 gut zwei Monate später tatsächlich zu liefern – anders als man bei Tesla von Elon Musks unrealistisch knappen Zeitangaben gewöhnt ist. Da rechnet man locker mal ein halbes Jahr drauf.

Doch pünktlich 24 Stunden später startet auf der IONIC 5 Website die Reservierung für 3000 Sondermodelle, die man als „einmal mit alle Soße“ bezeichnen könnte. Wieder funktioniert das ohne den inzwischen üblichen Absturz der Website. Und schon einen Tag später rufen bereits die ersten lokalen Händler bei den Interessenten an und stellen sich persönlich vor. Wenn das so weitergeht, wirklich außergewöhnlich!

Doch um was für ein Fahrzeug geht es hier eigentlich? Was macht den IONIQ 5 von Hyundai so besonders? Wo doch jeder Autohersteller von seinen Produkten gerne behauptet, er habe das E-Ei des Kolumbus im Angebot.

Die „Eier legende Wollmilchsau“

Es ist meines Erachtens die seltene Kombination aus Hochtechnologie, Gestaltung und praktischem Nutzen, der dieses Fahrzeug außergewöhnlich macht:

Akku und Ladetechnik gehören zu den modernsten und leistungsfähigsten Konstrukten und sind ähnlich aktuell nur in zwei Schwestermodellen der Oberklasse von Porsche und Audi zu finden. In der Praxis, so nehme ich aufgrund meiner bisherigen Erfahrung an, wird das Auto am Stück wohl über 300 km weit fahren können und dann bei einer kurzen Pause von einer Viertelstunde für mindestens weitere 200km aufladen können.

Reichlich Platz für ein 20-Minuten-Nickerchen beim Schnellladen – und das bei 4,60m Außenmaß.
Sonst noch dabei: Zwei 230V-Steckdosen innen und außen mit 3.6kW,
verschiebbare Rücksitze und Mittelkonsole, Oberflächen aus Öko-Materialien und jede Menge Assistenzsysteme.
(Foto: Hyundai)

Das Design verbindet die grundsätzlich anderen Möglichkeiten des Elektroantriebs mit den Wünschen nach Raumangebot und Bequemlichkeit. Ein flacher Boden ohne störende Tunnel sowie praktische Ablagen und Features schaffen ein wohnliches Ambiente statt der engen Kampfjet-Atmosphäre so mancher großer SUVs.

Endlich mal Platz im Fußraum – auch für High Heels oder Gummistiefel.
Das Handschuhfach ist übrigens eine geräumige Schublade.
(Foto: Hyundai)

Und schließlich wurden so viele praktische Angebote integriert, so dass eine sehr breite Käuferschicht befriedigt werden kann. Ob man etwas Luxus sucht oder Platz für Gepäck und Passagiere braucht, aber dennoch sparsam mit Ressourcen umgehen möchte, ob man technische Spielereien oder hilfreiche Assistenzsysteme wünscht, das Fahrzeug scheint alles kombiniert zu bieten.

Über der süßen Pinwand und den breiten Displays erkennt man die Projektionsluke des HUD:
Es blendet wichtige Informationen direkt in das Sichtfeld der Fahrer*in ein.
Schaltwippen, Drehregler, klassische Knöpfe und Taster lassen Einstellungen auch ohne direkten Blickkontakt zu.
(Foto: Hyundai)

Das alles zu einem für Elektroautos dieser Art konkurrenzlosen Preis, wie ich meine. Dabei ist mir durchaus bewusst, dass sich bei dieser Beurteilung die Geister spalten. €60.000 für ein voll ausgestattetes Fahrzeug – selbst nach Abzug der Förderung von rund €10.000 – sind für viele absolut unerschwinglich. Zu diesem Zeitpunkt aber ist der IONIQ 5 dennoch ein Angebot, das die meines Erachtens beste Verbindung aus technischen und marktwirtschaftlichen Möglichkeiten bei hohem praktischem Nutzen bietet.

Auch rund €40.000 für das bereits gut ausgestattete Einstiegsmodell sind nach Abzug der Förderung noch zu viel, um als Auto für Familien mit durchschnittlichen Einkommen besonders attraktiv zu sein. Doch durch die geringen Folge- und Betriebskosten dürfte es auch dieser Gruppe bereits nahe kommen.

Zielgruppen und Ziele

Beim derzeitigen Stand der E-Mobiltät ist eine solche Entwicklung aber ein echter Schritt nach vorn. Denn die Gruppe, die bereit und in der Lage ist, die genannten Preise aufzubringen, ist ziemlich groß und pustet derzeit noch eine unglaubliche Menge CO2 und NOX in die Atmosphäre. Ihr kann solch ein Auto eine saubere und reizvolle Alternative bieten.

Der Markt für Elektroautos wird also deutlich breiter. Der IONIQ 5 ist eine Bereicherung des Angebots und die derzeit ideale Antwort auf meine persönlichen Kernfrage:

Gibt es ein im Sommer 2021 lieferbares, alltagstaugliches E-Auto, das ich mir leisten und selbst auf Reisen mit dem Wohnanhänger vernünftig nutzen kann?

Ja, sagt Hyundai, haben wir.

Na, dann schauen wir mal, was daraus wird. Es hat mich jedenfalls gepackt. Vielleicht ein neuer Abschnitt auf meinem Weg – und dem vermutlich vieler anderer – zu einer sauberen, begeisternden Lösung für die individuelle Mobiltät.

Update vom 5. März: Gerade kam die Bestätigung für die Reservierung. Drin! Eines der 3000 Exemplare des Sondermodells „Project 45“, die ab Mai ausgeliefert werden sollen, kann bestellt werden. OMG! Vielleicht ist das Auto ja sogar schneller da, als ein Termin für die Impfung!

Updates April/Juli 2021

Hyundai gibt sich alle Mühe, seinen Zeitplan einzuhalten, trotz Stau im Suezkanal, Streik, Engpässen bei Halbleiterelementen und was sonst noch so schiefgehen kann. Inzwischen wurden alle Kaufverträge für Project 45 Modelle unterzeichnet. Voraussetzung dafür war die erst kürzlich erfolgte Homologation und damit die Zulassungsmöglichkeit in Europa. Auch die Aufnahme in die BAFA-Liste für die finanzielle Förderung durch den Bund und Hyundai ist geschehen.

ACHTUNG! Es empfiehlt sich bezüglich der Angaben in den zu unterzeichnenden Vertrags- und Leasing-Unterlagen auf die angegebenen Preise zu achten. Der Hyundai-Konfigurator trägt dort teilweise Zahlen ein, die eine erfolgreichen Antrag auf die BAFA-Förderung zumindest in Frage stellen. Näheres siehe im Artikel „Füllhorn mit Tücken“.

Inzwischen sind mehrere Schiffe aus Ulsan, wo die Fahrzeuge produziert werden, auf dem Weg von Südkorea nach Europa. Im Frachtraum der EUKOR-Transporter (hier ein Link zum Terminplan) werden die ersten IONIQ 5 vermutet. Ob darunter die reservierten 3000 Kundenfahrzeuge sind oder nur Vorführwagen für die Handler, weiß aber noch niemand genau.

Die Morning Lena ist seit 6. April unterwegs und trifft jetzt am 10. Mai abends überraschend in Bremerhaven ein.
Die Morning Lady – aktuell vor Portugal – fährt dagegen zunächst einmal nach Norwegen und löscht erst eine Woche später ihre Fracht in Deutschland.
(Foto: Marinetraffic.com, Google)

Meiner Vermutung nach sind die Morning Lady, die Morning Lena und die Morning Pride die aussichtsreichsten Kandidaten für die ersten Lieferungen von IONIQ 5 nach Deutschland und ich verfolge mit einigem Spaß ihren Weg um den Globus. Träfen sie wie angekündigt im Mai in Bremerhaven ein, könnten die ersten Autos tatsächlich im Juni bei den Händlern zur Auslieferung stehen. Es also bleibt spannend, aber alles geht offenbar seinen Weg. Auch wenn mein Händler inzwischen vorsichtig von September/Oktober spricht, was offenbar mit bestimmten Lackierungen zusammenhängt, die später als andere produziert werden.

Die Morning Pride hatte nach dem einwöchigen Produktionsstopp im April geladen
und läuft nun als nächstes den französichen Hafen Fos sur Mer an.
(Foto: MarineTraffic.com, Google)

Nun kommt ein weiteres schwimmendes Parkhaus in den Fokus. Der Tipp stammt von einem südddeutschen Händler. Die Morning Pilot ist seit 24. April unterwegs und läuft am 11. Mai in den Suezkanal ein. Es ist ziemlich sicher, dass sie IONIQ 5 geladen hat.

Noch ein Kandidat: Die Morning Pilot auf ihrem Weg durch das Rote Meer.
Sie trifft planmäßig am 28. Mai in Bremerhaven ein.
(Foto: MarineTraffic.com, Google)

Mitte Juli: Inzwischen ist das Rennen gelaufen. Die Autos treffen nach und nach bei den Händlern in Berlin ein. Auch meiner ist jetzt da! Es war dann wohl die Mornimg Lily, die unsere Fahrzeuge an Bord hatte. Ist aber inzwischen auch egal. Jetzt geht es noch um die Zulassung, dann kann es losgehen!!!

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