Na, das fängt ja schon mal ganz toll an!
Der Händler hat zwar eine Menge unverkaufter Autos auf seinem Gelände, aber nicht einmal einen Kundenparkplatz frei. Parken wir halt drei Straßen weiter und laufen erst einmal einen halben Kilometer zurück. Schade, dass es auch noch regnet.
Und es geht genauso weiter: „Hat man sie denn nicht angerufen? Leider haben wir das Fahrzeug gerade verkauft und ich kann es ihnen leider nicht mehr geben.“ Super. In der Ausstellung steht ein ZOE zum Angucken. Der soll dann in den nächsten Tagen zugelassen werden. Falls die ihn aus dem völlig zugestellten Verkaufsraum überhaupt herausbekommen. „Wir rufen sie dann an für eine Probefahrt. Aber nur, wenn es nicht schneit. Winterreifen wollen wir da nicht extra draufmachen.“
Trotz der generellen Freundlichkeit des Verkäufers fühle ich mich nicht ernst genommen. Offenbar gehöre ich bei diesem Händler in die Kategorie „Viel Aufwand, wenig Erlös“. Das ist für mich nachvollziehbar, ärgert mich aber dennoch. Aber in Berlin gibt es ja Autohändler an allen Ecken, also probieren wir halt den nächsten aus.
Goldstaub
Aber es ist gar nicht so einfach, derzeit an ein E-Mobil oder einen PHEV für eine Probefahrt zu kommen. Das habe ich in den letzten Wochen gemerkt, als ich zunächst bei Renault und Mitsubishi mit meiner Suche begonnen habe. Entweder haben die Händler noch keine Fahrzeuge, erfüllen die Bedingungen des Herstellers für die Elektroautos noch nicht oder verweigern einfach die Antwort.
Sicherlich sieht man inzwischen in der Berliner Innenstadt eine Menge E-Autos. Besonders Citroën und Smart sind häufig vertreten. Aber alle diese Fahrzeuge gehören zu Carsharing-Flotten und die kaufen offenbar nicht im Laden ein. Außerdem kommen beide Modelle für mich nicht in Frage. Der Smart ist mir zu klein, der Citroën gefällt mir nicht.
Also erst noch einmal Renault. Auf die nächste Bitte um einen Probefahrt-Termin meldet sich in nicht einmal 24 Stunden ein „Vertriebsbauftragter Elektromobilität“ und freut sich, mir „auf dem Weg in die Elektromobilität behilflich sein zu können.“ Leider steht an meinem Wunschtermin kein Fahrzeug zur Verfügung. Aber ein Anruf sollte das Problem lösen und wir gemeinsam einen geeigneten Termin finden.
Sein Büro liegt in den nächsten Tagen auf meinem Weg und trotz des unangekündigten Besuchs hat er Zeit für mich. Schon nach wenigen Minuten wird klar, dass wir uns gut verstehen und nach einem Blick auf den Kalender kommt sein freundliches Angebot: „Nehmen Sie den Wagen doch gleich mit.“
Mist! Heute habe ich keine Zeit mehr zum Testen und bin mit einem Mietwagen unterwegs. Aber kein Problem: „Kommen sie doch morgen, dann gebe ich ihnen den ZOE über das Wochenende mit.“ Das ist ein Wort.
Der erste Kontakt
Am nächsten Tag bin ich gegen 11 Uhr dort. Zwei Kunden wollen noch einen Fluence kaufen und sind mit dem netten Vertriebsbeauftragten Peter W. mitten in den Verhandlungen. Er hat aber eine Lösung. „Hier ist der Schlüssel. Dann können sie den ZOE schon einmal ansehen. Ich komme in ein paar Minuten dazu.“ Der Schlüssel ist eine Karte mit ein paar Tasten und soll in meine Hosentasche. „Einfach nur den Knopf am Türgriff drücken.“
Das klappt sehr schön, ZOE öffnet spontan die Verriegelung. Dann machen wir uns doch schon mal bekannt. Start. Die akustische Begrüßung des Bordcomputers ist spacig, das Radio geht an und der Touchscreen zeigt leicht verständliche Symbole.
Ich koppel gleich mal das iPhone, wenn ich schon nichts anderes zu tun habe.
Schwupps, erledigt. Das ging ja flott. Sofort sind meine Kontakte und meine Musik im Display zu finden. Das Design dieses Systems ist wirklich unkompliziert und lässt sich ohne Handbuch verstehen. Gut gemacht.
Als Herr W. schließlich zu mir kommt, ist das Wesentliche schon klar. Er beantwortet meine verbleibenden Fragen souverän und ergänzt, was ich außerdem noch wissen sollte. Wir erledigen den Papierkram, sprechen über die Handhabung des Ladekabels, verstauen es im Kofferraum und dann kann ich los.
Kennenlernen
Mit UFO-Klang setzt sich der ZOE in Bewegung. Es geht durch die Berliner Innenstadt. Samstagsverkehr. Ich habe sofort den Eindruck, mit einem wesentlich größeren Fahrzeug zu fahren. Das überrascht mich, gefällt mir aber sehr gut. Beschleunigen, Lenken, Bremsen: Alles wirkt sehr direkt, leicht, unkompliziert, was an dem konstant kraftvollen Antrieb, der sehr leichtgängigen Lenkung und der herrschenden Ruhe liegen dürfte.
Allerdings friere ich auf meinem Weg durch die Stadt bei 4 Grad Außentemperatur wie ein Schneider. Irgendwie bekomme ich die Klimaanlage nicht dazu, ausreichend Wärme zu spenden. Na, wenn das alles an Heizleistung ist, haben wir ein Problem, Houston. Und dann scheint Milchglas als Frontscheibe eingebaut zu sein. Ach nee, das ist nur die Reflexion des hellen Armaturenbretts in der Windschutzscheibe.
Hier und da fallen mir dann schon noch andere kleine Kritikpunkte auf und es lässt sich auch erkennen, wo gespart worden ist. Aber was merkwürdig ist: Soooo schlimm finde ich das alles nicht. Vielmehr entdecke ich immer mehr Eigenschaften, die mir gefallen. Das Navi ist ok, der Sound – und da bin ich verwöhnt und pingelig – klingt ausgesprochen gut. Und ja, ich entdecke auch die Taste für die Klimaautomatik. Nun wird es auch so warm, wie ich am Temperaturwähler eingestellt habe.
Schließlich, beim Einparken in der Tiefgarage, kommt der Warnton der Parkhilfe sogar aus der entsprechenden Richtung. Man hört quasi Lage und Abstand des Hindernisses hinten rechts. Das kannte ich so bisher nicht, ist aber eine gute Idee.
Die erste Fahrt war interessant, schauen wir mal, wie ZOE zu den Alltagsaufgaben passt.
Praktische Talente
Einer meiner Söhne fährt einen Rollstuhl. Also wird mein erster Test, den Rolli einzuladen. Dank des tiefen Kofferraums passt er ohne Probleme stehend hinein. Und das, ohne die Rückbank umklappen zu müssen! Kaum zu glauben.
Auch das Heben meines Sohnes auf den Sitz ist durch die große Tür kein Problem. Obwohl die Polsterung relativ weich ist, findet er ausreichend Halt.
Mit Frau und Tochter drehen wir zu viert ein paar Runden. Dann wechseln wir uns beim Fahren ab und ich finde ausreichend Platz. Selbst fünf Personen und der Rolli wären möglich, zumindest mal für ein paar Kilometer. Erstaunlich, bei rund vier Metern Fahrzeuglänge.
Abends haben wir Besuch und einige Gäste nutzen die Gelegenheit für eine erste Begegnung mit einem Elektroauto. Egal, welches Auto sie sonst fahren, auf allen Gesichtern erscheint das „Elektrogrinsen“. Jeder ist überrascht davon, wie mühelos und leise die ZOE beschleunigt, wie geräumig sie innen ist, welche praktischen Eigenschaften sie hat.
Die ZOE? Ja, wir sind uns irgendwie auch einig, dass ZOE die Schwester von EVE sein muss, der weißen Robotdrohne aus dem Film „WALL-E“. Sie ist genauso cool, stark und hört sich auch beinahe so an.
Die Belegschaft meiner Stammtankstelle sieht uns an diesem Abend noch häufig: Ein weißes UFO, das beim Anfahren an der Ampel sehr „spooky“ klingt und aus dem ihr vier Leute eine Nase zeigen.